Bestimmt hast Du das selbst schon erlebt: Das, worauf Du Deine Aufmerksamkeit lenkst oder worüber Du gerade nachdenkst, davon siehst und hörst Du “plötzlich” mehr. Von der Natur ist das bewusst so eingerichtet, denn es spart Ressourcen.
Beispiele dafür gibt es genug: Eine Frau, die schwanger werden möchte, sieht überall nur noch schwangere Frauen. Jemand, der sich ein neues rotes Auto kaufen will sieht plötzlich überall nur noch rote Autos.
Das macht (meistens) auch Sinn, denn so lässt unser Gehirn, ohne dass wir es bewusst steuern müssen, hauptsächlich die für uns aktuell sinnvollen und wichtigen Informationen durch. Alles andere wird ausgeblendet, was gut ist, da wir sonst mit der Reizüberflutung gar nicht klar kommen würden.
„Häufig funktioniert unsere Kopfsteuerung wie das Zentralkomitee eines totalitären Staates, der nur solche Informationen durchsickern lässt, die ihn konsolidieren.“
Christiane Singer
Doch ist das, was wir denken, wirklich einzig und allein entscheidend bzw. ausschlaggebend? Ist das vielleicht nicht ein bisschen einseitig? Was ist mit unseren anderen Sinnesorganen? Und was ist mit unseren Gefühlen?
Reines Denken kappt die Verbindung zu uns selbst
Wer zu viel denkt, hat zu wenig Berührung mit seinen ursprünglichen Instinkten, hat häufig nicht den „richtigen Riecher“ für das, was jetzt zu tun ist und was nicht.“
Uwe Böschemeyer
Was Uwe Böschemeyer schreibt, trifft aus meiner Sicht und aus eigener Erfahrung 😉 absolut zu.
Wenn ich zu viel oder gar ausschließlich denke bzw. rational an eine Sache ran gehe, bin ich nicht mit mir selbst in Verbindung. Dann tue ich zu viele der Dinge, die ich tun sollte oder müsste, oft aber aus den falschen – d.h. für mich nicht stimmigen – Gründen.
Viele Menschen habe das ebenfalls schon erlebt. Wir sind schlichtweg auf das Denken „programmiert“. Der rationale Gedanke wird (noch) über alles gestellt und vielfach als einzig richtig angesehen und beurteilt. Gerade im Berufsleben haben Emotionen (immer noch) nichts zu suchen und sind bitte schön „daheim zu lassen“.
Möchtest Du Dein Leben selbst gestalten, verlass Dich nicht nur auf Deinen Kopf. Du brauchst auch Deine Gefühle und Deine Intuition.
Vor allem, um herauszufinden, was für Dich der richtige Weg, die passende Aktion oder eine sinnvolle Herangehensweise ist.
Darüber, was mit einem Menschen passiert, wenn die für Emotionen zuständigen Bereiche im Gehirn verletzt oder gar entfernt sind, habe ich bereits in meinem Blogartikel „Entscheidungen leichter treffen – Warum rein rationales Denken Dir nicht weiterhilft“ geschrieben.
Lieber denken oder fühlen? Oder besser beides?!?
Als Selbstständige konnte von großen Unternehmer-Persönlichkeiten einiges lernen. Wenn man deren Biografien aufmerksam liest, wird klar, dass sie alle intuitiv vorgingen und sich von ihren Gefühlen leiten ließen.
Ob das Steven Jobst war, der seinem Gefühl gefolgt ist, dass die Computerwelt mehr Ästhetik braucht. Sei es Richard Branson, der Gründer des Virgin-Imperiums, der sein eigenes Plattenlabel aufgebaut hat, weil die bestehende Musikindustrie seiner Meinung nach nicht die Gefühle und Bedürfnisse der Jugend getroffen hat. Oder Anita Roddik, die ihrem Wunsch nach mehr Tierwohl nachgegangen ist und den Body-Shop Weltkonzern aufbaute, dessen Leitmotiv u.a. der völlige Verzicht auf Tierversuche in der Kosmetik ist.
Was für die „Großen“ gilt, ist umso wichtiger für die „Kleinen“. Nicht nur aus eigener Erfahrung weiß ich mittlerweile, dass rein strategische im Kopf „produzierte“ Geschäftkonzeptze in einer Einzel-Selbstständigkeit nicht gut funktionieren.
Meine eigenen Erfahrungen waren: strategisch topp und dennoch viel zu kurz gegriffen!
Meine erste Vollzeit-Selbstständigkeit baute ich auf einem strategisch gut durchdachten Konzept auf. Dafür hatte ich mich mit einigen richtig guten Business-Strategen ausgetauscht und ihren Rat gesucht. Von allen Seiten wurde das Konzept als sehr durchdacht und sehr vielversprechend gelobt, da es unter anderem die „berühmte Marktlücke“ traf.
Auch heute zweifle ich in keiner Weise an den Kompetenzen dieser Business-Experten. Aber ich habe teils schmerzvoll gelernt, das diese rein vom Kopf her kommende Vorgehensweise für (Menschen wie) mich zu kurz greift.
Gemerkt habe ich das recht schnell, auch wenn es mir erst im Nachhinein gelungen ist, alles richtig einzuordnen. Zu stark war ich auf das strategische Denken programmiert. Außerdem schien ich mit meinem Gefühl, dass da was nicht stimmt ziemlich allein auf weiter Fur zu stehen. Was leider dazu führte, dass ich an mir selbst zweifelte.
Dem Denken zu folgen und das Fühlen außen vor zu lassen raubt Unmengen an Energie
Die einseitige Ausrichtung auf strategisches Denken (den Kopf) hat für mich damals schon nicht funktioniert und tut es heute noch weniger.
Es dauerte ungefähr ein Jahr, und ich war ziemlich erschöpft. Zwar nicht am Ende meiner körperlichen Kräfte, aber ganz sicher am Ende meiner geistigen und damit meiner Kreativität und Motivation.
Ich hatte permanent das ungute Gefühl ich müsse das Konzept gegen etwas durchdrücken, gegen einen unsichtbaren Widerstand ankämpfen…
Heute weiß ich: In meinem Business-Konzept spiegelten sich weder meine Persönlichkeit noch meine mir wirklich wichtigen Werte und Einstellungen wider. Das ausgedachte Konzept – das für andere Menschen gut funktionierte (die ein sehr ähnliches verfolgten) – hat einfach nicht zu mir und meinen Gefühlen gepasst.
Diese „fühlt-sich-nicht-gut-an“-Problematik kommt im herkömmlichen Business-Denken nicht vor
Damals versuchte ich mein Problem den Business-Strategen zu erläutern. Leider konnte ich das, was für mich die Schwierigkeit ausmachte, nicht wirklich in Worte fassen. Es war mir ja selbst nicht so recht klar, was nicht rund lief. Da war nur dieses andauernde ungute Gefühl und die Erkenntnis, dass ich für irgendwas enorm viel Energie aufwenden muss.
Entsprechend „still“ waren ihre Reaktionen, als ich davon berichtete. Sie konnten mit dem was ich beschrieb einfach nichts anfangen. Diese „Business-Problematik“ kam einfach in ihrem Denken nicht vor.
Aus meiner Verzweiflung entstand ein tiefes Verständnis für unsere grundlegende “Funktionsweise”
Da ich von den “Experten” keine Antworten bekam, machte ich mich selbst auf die Suche. Ich las die verschiedensten Bücher, um zu verstehen, was “mit mir los war”, habe mir immer mehr Zeit gegeben in mich hineinzuhören, um mir selbst „auf die Schliche“ zu kommen und sprach mit Freunden und Kollegen darüber.
Mit der Zeit entwickelte sich für mich ein immer klareres Verständnis dafür, was nötig ist, damit ich mein Business gut und in Einklang mit mir und meiner Persönlichkeit führen kann.
Heute bin ich felsenfest überzeugt:
Nur wenn Bauch, Herz und Kopf mit Deiner Persönlichkeit zusammen spielen, gelingen Vorhaben.
Wir bestehen aus gutem Grund aus mehr als unserer Großhirnrinde!
Es braucht immer den Kopf für Strategie und Knowhow. Aber erst “zum Schluss”, wenn das was Du vorhast im Einklang mit Deinem Bauch und Deinem Herzen ist.
Nur wenn alles miteinander im Einklang agiert, kann das, was Du tust, richtig gut gelingen Nur dann bringt es Dir wirklich Freude und lässt Dich zudem einen tieferen Sinn erspüren. Eine unverzichtbare Zutat, wenn Du Dein eigenes Leben selbst gestalten und leben willst.
Was also solltest Du tun, wenn Du merkst, dass Du zu viel denkst?
Im Grunde nicht viel! Einfach immer wieder und immer öfter zur Ruhe kommen, abschalten und fühlen!
Deine Dagmar Ruth