Gehörst Du zu den Menschen, die hohe Ansprüche an sich selbst stellen auf die Dein innerer Kritiker dann mit Nörgelei reagiert, wenn Du sie nicht erfüllst?
Oder hast Du schon mehrfach erlebt, dass Du Dir etwas vornimmst, ein Projekt planst und voller Vorfreude und Motivation Deine Ziele recht hoch ansiedelst, Dann aber feststellst, dass es nicht so klappt, wie Du es Dir wünschst und Du nicht so viel erreichst, wie Du Dir vorgenommen hast!
Vielleicht kommt das daher, dass Du schon von früh an „gelernt“ hast, übermäßig hohe Ansprüche an Dich selbst zu stellen. Oder auch, weil Du immer mal wieder gehört hast, dass Du nur mit richtig großen Zielen so wirklich vorankommst.
In beiden Fällen schadest Du Dir leider mehr, als dass Du Dir gut tust. Über das, was passiert, wenn Du Dir große Ziele steckst, die Du (noch) nicht erreichen kannst, habe ich bereits geschrieben.
Besser die eigenen Ansprüche runter schrauben, als Dich mit zu hohen zu demoralisieren
Es macht allemal Sinn, dass Du Deine eigenen Ansprüche zurück schraubst. Damit Du sie einfacher und leichter erreichen und Deine Motivation und Dein Selbstvertrauen in Dich selbst erhalten kannst.
Das leuchtet Dir vermutlich ein. Nur….. Wenn das so einfach wäre…. Wenn da nicht immer Dein innerer Kritiker so laut werden würde…..
Was also kannst Du tun, um damit besser umzugehen und entspannter voranzukommen?
In diesem Artikel möchte ich Dir ein paar Tipps geben, wie Du trainieren kannst, mit dieser Situation umzugehen.
#1 – Zuerst einmal: Akzeptiere, dass Dein innerer Kritiker ein Teil von Dir ist.
Es macht überhaupt keinen Sinn das leugnen oder abtun zu wollen.
Wenn Du spürst, dass Dich eine innere Stimme immer wieder ermahnt, zurechtweist, kritisiert oder gar schlecht macht, dann hör auf dagegen anzukämpfen und nimm es erst einmal an. Damit nimmst Du dieser Stimme schon mal ganz viel Wind aus den Segeln. Denn erst Deine Gegenwehr lässt ihn so richtig in Fahrt kommen.
Außerdem kostet Dich dieser „Machtkampf“ enorm viel Energie und Kraft. Zudem ist dies ein „Kampf“, den Du nur verlieren kannst, denn je mehr Du gegen Deinen inneren Kritiker ankämpfst, desto mehr leistet er Widerstand.
Akzeptiere, dass er da ist. Daran kannst Du nichts ändern. Seine Vorwürfe und seine Kritik werden allerdings schwächer, je weniger Beachtung Du ihm schenkst.
#2 – Mach Dir ein Bild von Deinem inneren Kritiker.
Der beste Weg mit einem unliebsamen Gegenüber umzugehen ist, ihn möglichst gut zu kennen. Investiere daher bewusst Zeit in die Aufgabe, Deinen inneren Kritiker kennenzulernen.
- Finde heraus, wie oft sich Dein Kritiker meldet. Mach eine ganz einfache Strichliste, ohne jegliche Bewertung. Wenn es Dir schwer fällt diese Stimme wahrzunehmen, dann achte einfach auf Deine Gefühle. Wann immer Du Dich schlecht fühlst, geht das vermutlich auf seine Vorwürfe zurück. Am ehesten spürst Du dieses miese Gefühl in Deinem Bauch.
- Wenn Du Dich darin geübt hast festzustellen, wann er sich meldet, dann beginne auf die Worte Deines Kritikers zu hören. Nimm Dir ein Notizbuch zur Hilfe und notiere den genauen Wortlaut. Und dann überleg Dir, woher diese Vorwürfe ursprünglich kommen. Von jemandem aus Deiner Familie, Deinem sozialen Umfeld, von Lehrern oder Vorgesetzten, etc.. Schreib Dir das auf.
- Wenn Du dahinter gekommen bist, woher diese Kritik eigentlich stammt, dann mach Dir die dahinterstehenden Forderungen, Moralvorstellungen, Gebote oder Verbote bewusst. Diese leben in Dir vor allem als „Ich-sollte“-Gedanken. Sobald Du in Deinen Selbstgesprächen Worte wie „ich sollte…. Ich müsste…. ich darf nicht …. sollte nicht …. hätte müssen….“ oder ähnliches verwendest, kannst Du Dir sicher sein, dass das die Stimme Deines inneren Kritikers ist.
#3 – Reagiere respektvoll auf die Meinung Deines inneren Kritikers, aber glaube ihm nie.
Wenn Du die obigen Übungen gemacht hast und Deinen Kritiker kennengelernt hast, dann beginne damit, höflich auf das zu reagieren, was er sagt, glaube ihm aber nie, egal was es ist.
Er ist zwar ein Teil von Dir, doch weit davon entfernt, Dein Freund oder an Deinem Wohl interessiert zu sein. Höre nicht mehr darauf, was er sagt, beginne die Stimme zu ignorieren und als Implantat anzusehen, das Dir eingepflanzt wurde.
Trete dazu ruhig und gelassen in einen Dialog mit ihm ein, behandle ihn wie einen ungelegenen Gast. Höre nachsichtig zu, er kann nicht anders als rumzunörgeln, doch widersprich ihm nicht. Setz ihn gedanklich zur Not auch mal auf einen Stuhl an die Seite oder stell ihn bewusst in die Ecke, bis er ruhig ist. Übe Dich darin, nicht gegen ihn anzukämpfen, denn das bringt nichts. Deinen Standpunkt kannst Du allerdings klar und deutlich vertreten.
Überprüfe häufig Deine Gedanken und Gefühle
Mit den obigen Übungen trainierst Du, mit Deinem inneren Kritiker umzugehen. Zusätzlich kannst Du daran arbeiten, ein realistisches Bild Deiner eigenen Leistung zu bekommen und Deine Vorhaben so zu gestalten, dass sie für Dich förderlich sind.
#4 – Mache für Dich selbst regelmäßig eine Reflexion (z.B. Wochenrückblick)
Sehr hilfreich ist es, schriftlich regelmäßig eine bewusste Reflexion zu machen. Du kannst das täglich tun oder einmal die Woche. Je häufiger umso effektiver.
Nimm Dir Zeit, kläre Deine Gedanken und beantworte schriftlich per Hand Fragen wie diese: Was ist mir gut gelungen? Was habe ich verändert? Worauf bin ich stolz? Notier Dir auch eigene Fragen, die Dich auf das Positive und Gute blicken lassen.
Ganz sicher wirst Du dann schwarz auf weiß lesen können, was Dir alles gut gelungen ist und wo Du Fortschritte gemacht hast. Vergleich das mit den Gedanken, die Du hattest, bevor Du die Reflexion gemacht hast.
#5 – Mach den Gefühle-Realitäts-Check
Wenn sich bei Dir unterschwellig das Gefühl einstellt, dass die letzten Tage oder Wochen nicht so toll waren, dann besinne Dich bewusst auf Deine Gefühle zurück. Spüre in Dich hinein, wann Du was gefühlt hast.
Was hat diese schwammigen oder unklaren Gefühle ausgelöst? Wann wurden sie ausgelöst? Haben sie sich verstärkt oder abgeschwächt? Waren sie immer gleich stark? Fühle ganz bewusst in Dich hinein. Vergleiche dann Dein Gefühl mit dem, was Du wirklich erreicht hast. Nimm zur Überprüfung Deine Reflexions-Notizen und prüfe nach, ob sich Gefühl und Realität wirklich decken.
Was Dir auch helfen kann, ein ungutes Gefühl zurechtzurücken ist, Dich mit anderen auszutauschen. Lass Dir erzählen, wie andere Deine Erfolge sehen und wie sie Dich wahrgenommen haben. Und dann gleiche das einfach mal mit Deinen Gefühlen und Gedanken ab. Übe Dich darin, Lob anzunehmen, wenn Du welches bekommst, falls Dir das bisher schwerfällt.
#6 – Wende ganz bewusst das Pareto-Prinzip an.
Wenn Du es noch nicht kennst, dann mach Dich zuerst mit dem Pareto-Prinzip vertraut und wende es dann an.
In Kürze: Das Pareto-Prinzip ist eine 20:80-Regel, die besagt, dass Dir 100% Einsatz gar nichts bringen. Denn mit 20% des Aufwandes erreichst Du schon 80% des Ergebnisses. Um die letzten 20% bis zur 100% Marke zu erreichen (falls das überhaupt möglich oder gar notwendig ist) müsstest Du weitere 80% Deiner Energie verwenden. Das lohnt sich einfach nicht.
Mit 80% Erfolg kommst Du schon ein riesengroßes Stück voran! Denk bei allem was Du tust daran.
#7 – Reduziere gleich von Beginn alles, was Du vorhast, um 20% bis 50%.
Wenn Du in die Planung eines neuen Vorhabens gehst, dann überlege Dir, was Du erreichen willst, und wie Du es erreichen kannst. Daraufhin machst Du Dir einen Plan. Wenn dieser fertig ist, überarbeitest Du ihn.
Zuerst einmal planst Du ganz bewusst alle paar Wochen Pausen ein. In diesen Pausen arbeitest Du nicht an Deinem Vorhaben. So schaffst Du Dir Spielraum und vor allem die nötige Erholung, die Du brauchst, um dran bleiben zu können.
Danach entzerrst Du Deinen Plan.
Dafür hast Du zwei Möglichkeiten. Entweder Du ziehst von Deinem Ziel, das Du erreichen willst, direkt 20% bis 50% ab und notierst Dir das als neues Ziel. Oder Du verlängerst die Zeitspanne, die Du Dir gegeben hast, um das Ziel zu erreichen, um das Doppelte (machst also beispielsweise aus einem, zwei Monate).
So gewährleistest Du, dass genügend Spielraum für Unvorhergesehenes vorhanden ist und Deine Chancen auf Zielerreichung deutlich steigen.
Warum Perfektionismus einfach nicht erstrebenswert ist und wie Du Deine Ansprüche runter schrauben kannst, beschreibt Simone Janson auch sehr gut in ihrem Buch: „Die 110%-Lüge“.
Ich hoffe, ich konnte Dir ein paar hilfreiche Tipps an die Hand geben, wie Du Deine Ansprüche runter schrauben kannst und gerade deshalb gut vorankommst.
Nicht jeder Tipp mag für Dich genau der richtige sein. Probiere daher einfach mal aus, was passt.
Theoretisches Wissen ist wichtig, doch nur Taten bringen Dich voran. Beginne also gleich zu üben.
Deine Dagmar Ruth